Die Flanke des eindrucksvollen Turms wird heute vom Ratsbau der 50er Jahre verdeckt. |
Das Hans-Sachs-Haus gehörte 1927 zu den prägnantesten Beispielen des internationalen Stils, der zu dieser
Zeit vom Bauhaus und seiner „Neuen Architektur“ geprägt war.
Damals zeigten die Parlamentarier Stehvermögen und trafen mutige Entscheidungen. So war das HSH von Anfang an nicht allein als
Rathaus geplant, sondern als
Bürohaus mit städtischen und externen Büroräumen, mit Geschäften, Restaurants, einem Hotel sowie einem
großen Konzertsaal, in dem die schönen Künste ebenso zu Hause sein sollten wie große Kongresse.
Der Hektik verkehrsreicher Straßen setzte der Architekt Prof. Alfred Fischer die Gelassenheit eines in sich ruhenden
Baukörpers entgegen.
Dieses Gebäude ist also nicht in erster Linie Verwaltungsgebäude, das abends als ein Vakuum urbanen Lebens dasteht,
im Gegenteil, es ist auch heute noch, so es in Takt wäre, ein funktionstüchtiger Sammelpunkt urbanen
Lebens, der seine kulturhistorische Position in der Geschichte des Ruhrgebiets bis heute verteidigen kann.
Der Konzert-Saal im Urzustand der 20er Jahre. |
Das HSH war Ausdruck neuer Wünsche und Ziele dieser Stadt in einer Zeit des Aufbruchs, gestaltet von Künstlerhand, auf
gesunden Traditionen fußend, die Ausdrucksmittel der Zeit beherrschend, vom Zeitgeist durchdrungen, in echter Werkbundarbeit
geschult, in wohl abgewogenen Linien und Formen gestaltet, ohne Zugeständnisse an dekorative Neigungen, ein reiner Zweckbau,
ein mächtiges Wahrzeichen der Stadt der Arbeit.
Das HSH ist ein Wahrzeichen unserer Stadt, wie es kaum vorausgeahnt worden ist. Es wurde zur herausragenden Visitenkarte
Gelsenkirchens. Kulturhistorisch ist das Hans Sachs Haus für Gelsenkirchen so wichtig, wie für Münster die
Lamberti-Kirche.
Ein Beispiel für Stahlbeton-Bauweise
Wenn man heute, im ausgeräumten Zustand, das Hans-Sachs-Haus von der Ebertstraße aus betritt, dann staunt man, welche
wuchtigen Betonpfeiler und Unterzüge man dort zu sehen bekommt. Sie stammen aus der Zeit von 1925 1927, einer Zeit, als die
Stahlbeton-Bauweise
Während der Bauzeit 1925. |
gerade zwanzig Jahre alt war. (1904 wurde in der Stadt Dortmund das erste mehrgeschossige
Wohnhaus durchgehend mit Stahlbetondecken gebaut.) Betrachtet man diesen Stahlbeton-Skelettbau, dann hat man das
Gefühl, in einem stabilen, soliden Betongebäude zu stehen. Dies wird noch bekräftigt, wenn man den Keller betritt und
die wuchtigen Zerrbalken und Zentrierbalken zwischen den Fundamenten sieht. Hier ist, was Stabilität betrifft, nicht gespart worden.
Im Gegenteil, hier ist, ganz besonders, was den Bergbau betrifft, vorausschauend, künftigen aus dem Bergbau resultierenden
Spannungen vorbeugend entgegen getreten worden.
Natürlich muss gesagt werden, dass an vielen Stellen Ausführungsmängel am Beton sichtbar sind.
Sie alle aber haben die Standsicherheit des Gebäudes bis heute nicht beeinträchtigt. Es handelt sich zumeist um fehlende
Betonüberdeckungen man hat beim Betoniervorgang an vielen Stellen die Eisen nicht von der Schalung angehoben. Es sind
Betonanschlüsse sichtbar, das heißt die Stellen, wo der Betoniervorgang unterbrochen war und später fortgesetzt wurde
z. B. Übergang Säule / Unterzug oder Decke. All dies ist reparabel abgesehen vom Saalfußboden, den zu erneuern
wirklich geboten ist.
Halten uns einmal vor Augen, dass die HSH- Sanierung nicht etwa begonnen wurde,
weil das Gebäude vielleicht einsturzgefährdet gewesen wäre. Es
hat seit 1927, also fast 80 Jahre gehalten. Warum dieses Gebäude bis heute
so tadellos steht, weiß auch der Chefstatiker Prof. Dr. Wilfried
Krätzig von der Uni Bochum nicht genau zu sagen. Ein anderer
Statiker, der heute im Ruhestand lebt, sagte gern (in anderen Zusammenhängen):
„Das durfte gar nicht halten, aber es hat einfach aus Gewohnheit gehalten.“
Pfusch am Bau?
Im Zusammenhang mit der Sanierung des Hans-Sachs-Hauses wurde oft behauptet, bereits beim Bau in der 20er Jahren habe es
"Pfusch am Bau" gegeben. Es stimmt natürlich, dass die zur damaligen Zeit angewendeten Baumethoden den
hochentwickelten Qualitätsstandards der heutigen Zeit teilweise nicht mehr standhalten würden. Vom Gesichtspunkt der 20er Jahre und des
damals geltenden Baurechts jedoch ist das Hans-Sachs-Haus als ein solider und fachmännisch ausgeführter Bau zu sehen, der, und
das spricht schließlich für ihn, bis heute gehalten hat.
Auch die Behauptung, man habe Baumaterialien während der Bauzeit beiseite geschafft, statt sie dort einzubauen, ist falsch.
Immerhin wurde das Gebäude unter der Ägide des damaligen Stadtbaurates Arendt und der maßgeblichen
Mitarbeit von zwei der damals bedeutendsten städtischen Baufachleute, die die Bauaufsicht über diese Baustelle hatten,
errichtet. Dies waren Stadtbaumeister Boecke und Dr. Ing Kattenstidt. Glaube doch keiner, dass sich
da Materialien von der Baustelle entfernen ließen.
Es gehört zum heute üblichen Verriss dieses Gebäudes, wenn die WAZ am 22.03.2003 meldet:
Das Post-Eck wurde im zweiten Weltkrieg durch Bomben schwer beschädigt. |
„Dass es bei der Errichtung Pfusch am Bau gab, müsste bei der Stadt eigentlich seit mindestens 57 Jahren bekannt sein, sagt
Otto Ernst Petschulat, der am Angriffstage (19.03.1945) fünf Jahre alt ist. „Aus allen Wolken fielen wir damals, dass der
Bombenangriff das HSH derart zerstören konnte, erzählt der Rentner.
dieses Gebäude galt wegen der vermeintlichen
massiven Bauweise als relativ sicher. „Man war der Meinung, dass man dort den größten Schutz findet“. Nach der Tragödie
sei aber schnell bekannt geworden, dass bei der Errichtung des HSH gepfuscht wurde und die Decken zu dünn waren. „Das war
Stadtgespräch. Es hieß damals: Da wurde wohl Material zur Seite geschafft, um Geld zu sparen“, erinnert sich der
Betriebswirt. Dass dies bei der Stadt nicht in irgendeiner Form aktenkundig ist, verwundert ihn. „Irgendwo muss es doch Hinweise
darauf geben.“
Hier seien einige Hinweise gegeben: 1943 ging auf den Luftschutz- Hochbunker in Günnigfeld eine Miene nieder. Sie durchschlug von
der obersten Decke, die 1,30 m dick ist, eine Stärke von einem Meter. Dabei wankte der ganze Bunker, wie ein Schiff auf hoher See.
Im Vergleich hierzu stellt sich beim HSH die Frage, wie dick dort wohl die Betondecken hätten sein müssen, um vor solchen
Bomben Schutz zu bieten?
Der Wiederaufbau nach dem zweiten Welt-Krieg. |
Die Alliierten haben während des Krieges für ihre Bombenproduktion immer
rafiniertere Techniken entwickelt ihre Bomben „intelligenter“ gemacht. So haben
sie Bomben entwickelt, die nicht beim Aufschlag detonierten, sondern bereits kurz
vorher, wenn sie auf einer bestimmten Höhe über Gelände waren.
Ein weiteres Beipiel: Das KARSTADT- Gebäude in Hamburg Rotenort, fertig
gestellt 1928, mit einer Gebäudehöhe von 22 m und einem mehrfachen
Gebäudevolumen unseres HSH, wurde bei der Operation Gomorrha in der Zeit
vom 24.- 31. Juli 1943, dem berüchtigten Angriff auf Hamburg von einer
solchen High-Tec-Mine im Lichthof getroffen. Die Bombe explodierte wenige Meter
über dem Erdreich (ähnlich, wie am Hans-Sachs-Haus) und hat das ganze
Gebäude zerstört. Es gab mehr als Tausend Tote in den Luftschutzkellern.
War hier etwa auch „Pfusch am Bau“ schuld an der Zerstörung?
Der Steinholzfussboden
Zwischen den Kriegen und auch noch lange Zeit nach dem letzten Krieg war Steinholzfussboden,
eine örtlich aufgetragene Estrichform, ein beliebter Ersatz für Parkett,
der jedoch wesentlich preiswerter war. Es hieß, dass er wesentlich elastischer
sei, als Steinbelag oder Zementestrich. Er entlaste somit die Fußgelenke
bei langem Stehen oder vielem Gehen auf dieser Fläche.
Steinholzfussboden wurde einschichtig als Verbundestrich verlegt, als Untergrund
für z.B. Linoleum oder zweischichtig, wenn aus dem gleichen aber feineren
Material auch die Schleißschicht war. Steinholz-fugenloser Fußbodenbelag
wurde mit dem Bindemittelgemisch Magnesit und Chlormagnesium hergestellt, dem
als Zuschlagstoff bis zu 90 % Sägemehl beigefügt wurde. Daher rührt
der Name Steinholz. Dieser Bodenbelag war damals Stand der Technik. Er wurde
in unzähligen öffentlichen Gebäuden, Kaufhäusern ect. verlegt.
Der damalige Steinholzpapst in Gelsenkirchen war die Firma Baumeister Carl Velmerig
Steinholzwerk, an der Bochumer Strasse.
Niemand kannte damals die chemischen Auswirkungen der Magnesiumlauge auf die
Stahlbewehrung im Beton. So ist heute den damaligen Bauleuten kein Vorwurf zu
machen. Es muss jedoch gesagt werden, dass in unserem Stadtgebiet noch so manche
Zeitbombe tickt. ->
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Tatsächliche Mängel
Es ist zutreffend, dass in den Obergeschossen die Betonqualität unbefriedigend ist. Dies ist so, was die
Eisenüberdeckung mit Beton betrifft und zum Teil auch, was die Betonqualität selbst betrifft. Es gibt hier Stellen, wo sich der Beton beim Einfüllen in die Stützen entmischt hat. Auch sind Betonteile (ganze Stützen) zu sehen, wo die Siebkurve des Kies nicht stimmt, es fehlen die sandigen Feinteile. Dazu ist zu sagen, dass dieser Teil des Gebäudes 1947, unter Architekt Schwickert, einem bekannten Gelsenkirchener Architekt, wieder aufgebaut wurde, zu einer Zeit, als die Baustoffe stark rationiert und kontingentiert waren.
Diese Mängel, die fehlende Betonüberdeckung, als auch die „Grobporigkeit“
lassen sich in Ordnung bringen. Nirgendwo im Gebäude sind Eisen, dadurch,
dass sie nach unten hin frei lagen, so stark korrodiert, dass ihre Tragfähigkeit
dadurch beeinträchtigt wäre.
Bei genauer Betrachtung gibt es am HSH keinen einzigen Bauteil, außer
eventuell dem Bereich Wesseleck, der zu irgendeiner Form des Abbruchs zwingen
würde. Eine zu erneuernde Betonsohle im Saalbereich ist kein Grund, Teile
des Gebäudes abzureißen. Der Hotelturm ist zugegebenermaßen
in einem beklagenswerten Zustand, doch er kann in Ordnung gebracht werden. Es
gibt keinen Grund, ihn abzubrechen und so die äußere Form des Gebäudes
völlig zu zerstören. Auch der Ratssaal-Anbau aus den 50er Jahren kann
mit modernen, heute zeitgemäßen Mitteln, wenn gewünscht, ohne weiteres in Ordnung
gebracht werden.
Es ist also nicht nachvollziehbar, warum man hier einen Abbruch mit dem Argument des Bauzustandes begründen will!
Als reines Verwaltungsgebäude wiedererstanden: Das HSH in der 50ern
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