Moritat vom Hans-Sachs-Haus




Am 31. August 2013 wurde das neue Hans-Sachs-Haus, das Rathaus der Stadt Gelsenkirchen, nach über 10 Jahren der Kontroversen, des Streits, der Kostenexplosionen, der Meinungsmache und des politischen und kreativen Protests tatsächlich wiedereröffnet. Es war ein Tag, an dessen Kommen man im Laufe der Jahre oftmals gezweifelt hatte. Umso schöner war es, nun die lange Schlange vor dem Haupteingang des Hauses zu beobachten - Gelsenkirchen wollte da rein! Ein Festtag!

Zu leicht wird darüber hinweggesehen, wie viele Menschen zur Rettung des Hans-Sachs-Hauses beigetragen haben und das zeitweise gegen heftige Widerstände, und zu gern biegen die städtischen Organe sich die Vergangenheit zu ihren Gunsten zurecht. Doch muss gesagt werden: es war keine "Lichtgestalt", der die Rettung des Hans-Sachs-Hauses zu verdanken ist, sondern vielmehr zahlreiche Bürgerinnen und Bürger, die sich dieses besondere Gebäude einfach nicht nehmen lassen wollten.

Daran wollten wir vom Bürgerforum HSH aus Anlass der Eröffnung noch einmal deutlich erinnern und auch darauf hinweisen, dass die Möglichkeit der Nutzung und Belebung des neuen "Bürgerforums" und des Atriums im HSH durch die Bürger und Bürgerinnen der Stadt noch immer mit vielen Fragezeichen behaftet ist. Aus diesem Grunde und gleichsam um den vorläufigen Abschluss einer "never ending story" zu feiern, haben wir die lange Geschichte des HSH-Skandals in Form einer klassischen Moritat verdichtet und auf der Ebertstraße zu Gehör gebracht.

Ein definitiv verloren gegangenes Stück des alten Hans-Sachs-Hauses ist die große Walcker-Orgel, die nun, mangels eines Konzertsaales im neuen Haus, in ihre Einzelteile zerlegt im Lager eines Orgelbauers liegt - vielleicht für immer. Um auch daran zu erinnern, baten wir den Kantor der Ev. Altstadtgemeinde, Jens-Martin Ludwig, die Melodie des alten Liedes "Sabinchen war ein Frauenzimmer" für uns auf der Schuke-Orgel in der Altstadtkirche einzuspielen, so dass wir unsere Moritat vor dem Hans-Sachs-Haus mit echten Orgelklängen aus der Konserve präsentieren konnten. Kurbeln mussten wir aber trotzdem ;-)

 

Falls Sie selbst Lust haben, die Moritat vom Hans-Sachs-Haus zu singen, finden Sie hier die Original-Musik und den Text dazu. Viel Spaß!

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  1. Ihr Leute, hört mal die Geschichte
    vom Hause des Hans Sachs.
    Das gibt es nur in Gelsenkirchen,
    man glaubt‘s kaum, doch ich sag‘s.
    Das war ein Haus der Bürger,
    war Rathaus und Hotel.
    So schön der Saal, modern die Farben,
    es war für die Stadt ein Juwel.

  2. Und in dem Saal ‘ne riesige Orgel
    vom Walcker einst gebaut.
    Die hat so manch Konzert bestanden
    und viele Bälle geschaut.
    Man teilte dort schöne Stunden,
    sah Theater, schwang das Bein,
    doch mit den Jahren, die vergingen,
    zog Schlendrian hier ein.

  3. Rau ward der Estrich von Chloriden,
    es knackten die Böden im Haus.
    Die Farben verschwunden, der Putz, er bröckelt,
    auch Heizung und Licht fielen aus.
    Da brauste aus Buer im Norden
    der OB Wittke daher,
    der wollte ein Denkmal sich selber errichten,
    und das schien gar nicht so schwer.

  4. PPP – das war sein Motto,
    der Kämmerer wollte das auch.
    Sie schenkten das Haus ‘nem Bank-Consorzio
    und machten sich aus dem Staub.
    Das Haus war ne Ruine,
    die Kosten, die stiegen gar schnell
    in ungeahnte Höh‘n pro Monat,
    ein Ende war nicht zu seh‘n.

  5. „Nun Licht in das korrupte Dunkel!“
    so forderten die Leut‘,
    doch Politik und auch Verwaltung,
    die haben das gescheut.
    So ging der Streit dann weiter,
    mit dem Haus aber ging‘s bergab.
    Der neue OB Baranowski
    meinte: „Das wird nix, wir reißen es ab!“

  6. Ein Bürgerbegehren mit tausenden Namen
    verkam zum Stück Papier.
    Manche wollten die Herzen für‘s Baudenkmal öffnen
    und warben stetig dafür.
    Doch dem Landes-Konservator,
    dem war das Denkmal egal.
    So dachten auch viele Gelsenkirch‘ner,
    die Lage war wirklich fatal.

  7. Die Zahlen stiegen wir im Märchen,
    bald sollt‘ hier ein Parkplatz sein.
    Doch nach viel Zoff und manchem Klagen,
    da sah man es schließlich ein:
    Der Rat hat dann beschlossen,
    das Haus, es bleibt besteh‘n.
    Mit einem großen Wettbewerbe
    suchte man jetzt gute Ideen.

 

 
  1. Es sollt‘ bewahrt sein, was so kostbar,
    und wieder frisch erblüh‘n.
    Doch riss das ganze Haus man nieder,
    und nur die Fassade blieb steh‘n.
    Und die große Walcker-Orgel,
    ward in alle Teile zerlegt.
    Nach Abzug von Bagger und Abrissbirne
    war alles hinweggefegt.

  2. Und dann der Marg, der Wettbewerbssieger,
    der Vater vom Bahnhof Berlin,
    er nahm die alte Backsteinhülle
    und packte ein Rathaus hinien.
    Er ließ auch Platz für and‘res,
    doch keiner weiß wofür.
    Es wurde geplant und viel beschlossen,
    oft hinter verschlossener Tür.

  3. Es floss viel Wasser von der Mühlen,
    die Jahre vergingen im Nu.
    So manche Firma machte Pleite,
    das Auge der Webcam sah zu.
    Drum können wir heuer nur hoffen,
    dass alles im Rahmen bleibt.
    Mit Stahl, Beton und neuen Fenstern
    soll‘s stehen in Ewigkeit.

  4. Es sollte wieder ein Bürgerhaus werden,
    doch keiner weiß, wie das geht.
    In der Bluebox gab es so manches Versprechen,
    die scheinen vom Winde verweht.
    Im neuen Bürgerforum,
    da sind wir stets gut „emschertaint“,
    doch wie können wir Bürger das Haus beleben,
    das bleibt bisher unerwähnt.

  5. Nun ist es „da“ und wird eröffnet,
    mal sehen, was dann passiert.
    Es bleiben die Wünsche der vielen Menschen,
    die Frage ist, wen‘s int‘ressiert?
    Doch wir, wir sind uns sicher,
    schon bald wird dies Rathaus besetzt
    von vielen, die kommen und sagen: „‘s ist unser,
    drum nutzen wir‘s wie‘s uns gefällt!“

  6. Und die Moral von der Geschichte:
    Glaub‘ keinem Versprechen bloß nicht.
    Besinn‘ Dich auf die eigene Stärke
    mit vielen, die keiner bricht.
    Und dann beginne zu leben
    und lass keine Zweifel mehr zu:
    Der Souverän in diesem Lande,
    der bist ja immer noch Du!

 




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