WAZ 21.12.2006
Ein teurer Irrtum
Stadt einigte sich mit Firmenkonsortium auf Abwicklung des HSH-Vertrags. Rat gab grünes Licht. Besitzerwechsel noch in 2006. Kosten liegen zwischen 21,6 und 35 Mio Euro
Es ist vollbracht: Die Stadt hat sich mit dem Hans-Sachs-Haus-Investor auf einen Vertragsausstieg geeinigt. Der Rat gab gestern Abend in nicht öffentlicher Sitzung grünes Licht für das Verhandlungsergebnis. Damit ist das "Millionengrab" Hans-Sachs-Haus noch vor Jahreswechsel wieder im Besitz der Stadt.
Wie viel das HSH-Desaster die Bürger unterm Strich kosten wird, steht allerdings noch nicht fest: Ausgaben in Höhe von 21,65 Mio Euro für bisher erbrachte Sanierungsleistungen sind aus Sicht der Verwaltung unstrittig - rund 17,2 Mio Euro an die ausführenden Baufirmen Heitkamp und Imtech sowie die Deutsche-Bank-Tochter DIL/Xeris, weitere 4,45 Mio Euro für Planungsleistungen der Stadt und Aufträge an Dritte.
Über weitere Forderungen der Vertragspartner in Höhe von 13,8 Mio müssen nun neutrale Gutachter entscheiden. Die Stadt hat für möglicherweise zu leistende Zahlungen 3,9 Mio Euro auf ein Sperrkonto überwiesen. In die Verhandlungen sind die Baupartner anfangs mit Forderungen in Höhe von insgesamt 45 Mio Euro gegangen.
"Wir sind hier nicht auf einer Beerdigung", sagte Frank Baranowski auf der Pressekonferenz nach der Ratssitzung. Heißt: Die Freude über den gefundenen "Kompromiss" nach langwierigen und (fast) schon gescheiterten Verhandlungen überwiege. Eine fünf- bis siebenjährige rechtliche Auseinandersetzung mit einem Streitpotenzial von 143 Mio Euro habe der Stadt gedroht, so der OB. Die zu zahlende Summe tue der Stadt vor dem Hintergrund der Haushaltslage "sehr, sehr weh". Aber: "Diese Lösung bringt uns nach vorne."
Bis zum 27. Dezember muss die Stadt die noch ausstehenden (unstrittigen) Beträge überweisen, anschließend muss Xeris das Haus innerhalb von zwei Arbeitstagen auf die Stadt zurück übertragen. Heißt: Am 29. Dezember ist die Stadt nach vier Jahren wieder im Besitz der Ruine.
Mit der Baustelle im Herzen der Stadt wird Gelsenkirchen aber noch länger leben müssen. Am 1. März soll der Rat den offiziellen Startschuss für den Planungsprozess geben (siehe Bericht unten). Wann das "neue Hans-Sachs-Haus" stehen könnte, darüber wollte der OB im Wissen um Irrtümer seines Vorgängers keine Prognose abgeben. Zur Erinnerung: Oliver Wittke war vor Sanierungsstart davon ausgegangen, zum Jahreswechsel 2003/04 (pünktlich zur Kommunalwahl) im Großen HSH-Saal Silvester zu feiern ...
SPD-Fraktions-Chef Klaus Haertel war gestern mehr zu entlocken als dem OB: 2010 könnte das neue Rathaus stehen, sagte er am Rande der Ratssitzung in einem TV-Interview mit dem WDR.
21.12.2006 Von Lars-Oliver Christoph
Startschuss im März
Rat soll Architektenwettbewerb ausloben. Stadt will Baustelle ansehnlicher gestalten
Raus aus dem Vertrag, rein in die Planung für ein neues Rathaus: Am 1. März soll der Rat der Stadt einen Architektenwettbewerb mit klar definierten (und im Experten-Workshop vorgezeichneten) Kriterien ausloben. Diese sehen u.a. vor: den Erhalt der alten Fassade und eine Ergänzung durch einen modernen, funktionalen Neubau mit Büros, Ratssaal, Bürgercenter und Begegnungsräumen (wir berichteten). Anschließend soll in einer zweiten Phase ein mehrstufiges Verfahren mit beim Wettbewerb ausgewählten Architekturbüros in Kraft treten.
Die Hoffnung der Anwohner, dass Anfang des neuen Jahres die Bagger anrollen werden, könne die Stadt nicht erfüllen, so OB Frank Baranowski. Aber: Die Verwaltung werde sich Gedanken über eine ansehnlichere Gestaltung der Ruine machen. "Man wird merken, dass die Stadt wieder Besitzerin des Hans-Sachs-Hauses ist." loc
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