Das Bürgerforum Hans-Sachs-Haus nimmt mit Freude und Zustimmung zur Kenntnis, dass sich das von der Stadt Gelsenkirchen einberufene Architekten- und Expertengremium zur Zukunft des Hans-Sachs-Hauses für den möglichst weitgehenden Erhalt des Gebäudes, insbesondere seiner stadtbildprägenden Fassaden, ausgesprochen hat (WAZ, 28.10.06).
Mit der Einrichtung eines zwar von der Verwaltung benannten, aber unabhängigen Gremiums hatte die Stadt eine wichtige Forderung der kritischen Öffentlichkeit zum Umgang mit dem Hans-Sachs-Haus erfüllt. Die Arbeitsergebnisse geben all jenen Recht, die sich von Anfang an für den Erhalt bzw. Teilerhalt des bedeutenden Ensembles Hans-Sachs-Haus eingesetzt haben.
Das Bürgerforum begrüßt die vorgesehene Durchführung eines hochkarätig besetzten Architektenwettbewerbes sowie die Tatsache, dass für diesen Wettbewerb die von den Architekten und Bauexperten erarbeiteten Standards als „Richtschnur“ (OB Baranowski) gelten sollen. Zugleich erinnert das Bürgerforum an die von Stadtbaurat von der Mühlen versprochene „maximale Transparenz“ für das weitere Verfahren und erhebt in diesem Zusammenhang folgende Forderungen:
- Förmliche Rücknahme des Beschlusses zum Abriss des Hans-Sachs-Hauses durch den Rat der Stadt.
- Möglichst weit gehender Erhalt der noch vorhandenen Bausubstanz. Das bedeutet, dass nicht nur die Fassaden und die Treppenhäuser, sondern darüber hinaus möglichst auch die erste Stützenreihe und ggf. weitere Teile erhalten werden sollten. Dies entspricht auch den Ergebnissen des Architektenworkshops.
- Eine „gelebte“, nicht restriktiv-formelle Beteiligung der interessierten Bürgerschaft an der Neuplanung des HSH als selbstverständlicher Bestandteil des Planungsprozesses.
Möglichkeiten hierzu wären z.B. öffentliche Bürgerworkshops oder weitere partizipationsfördernde Mittel und Medien wie z.B. Website, Internetforum, Presseaufrufe usw. Die Bürgerbeteiligung sollte professionell organisiert und begleitet und von der Stadt finanziert werden.
Ziel dieser Bürgerbeteiligung sollte die Erarbeitung und Sammlung möglichst vieler interessanter und „visionärer“ Ideen zur künftigen Funktion des HSH sein. Die Ergebnisse sollen in der Presse veröffentlicht werden und in die Vorgaben der Stadt für den Architektenwettbewerb einfließen bzw. den Teilnehmern des Architektenwettbewerbes als Material zur Verfügung gestellt werden.
Die Bürgerbeteiligung soll gewährleisten, dass es bei der Planung des Hauses nicht zu Fehlentwicklungen kommt, die dann nur noch (wie z.B. in Aachen) durch einen Bürgerentscheid gestoppt werden könnten.
Begründung:
Die Forderung nach Transparenz bezieht sich auf zwei Nutzungsbereiche:
a. Es ist anzustreben, dass die vorgesehene Funktion des Hauses als Ort der Politik und Verwaltung architektonisch den Geist von Demokratie und Transparenz atmet. Hierzu ist die Frage zu beantworten: Was ist der Stil von kommunaler Demokratie? Welche baulichen Formen gewährleisten in möglichst weit gehendem Maße, dass das Rathaus von den Bürgern stärker als bisher als Raum der demokratischen Auseinandersetzung und der Diskussion erkannt und genutzt werden kann? Welche Art von Plätzen, Fluren, Foren usw. sind hierfür förderlich?
b. Das neue HSH darf nicht nur der Sitz von Politik und Verwaltung sein, sondern es müssen rechtzeitig weitere Nutzungen vorbereitet werden, die das Gebäude wie früher zu einem Zentrum des bürgerschaftlichen Lebens der Stadt machen – selbstverständlich den heutigen Bedürfnissen und Erfordernissen angepasst. Bei entsprechenden Überlegungen sind die Forderungen der Gelsenkirchener Bürger zur künftigen Nutzung des Gebäudes, insbesondere der Wunsch nach einem Bürgersaal im neuen Hans-Sachs-Haus als sozialer Treffpunkt in der Stadtmitte, zu berücksichtigen. Auch innovative, noch nicht gedachte Ideen sollten diskutiert werden (Beispiele: Bürgercafé auf dem Dach, Glashalle, Kommunales Kino, Ausstellungshalle, Kunst- und Geschichtsgalerie usw.).
Die von der Stadt beauftragten Experten und die demnächst in dem Wettbewerb hinzugezogenen Architekten sind Fachleute für die bauliche Gestaltung. Die Frage der künftigen Nutzung eines Gebäudes können und sollen sie nicht entscheiden. Die einzuschlagende Richtung im Falle Hans-Sachs-Haus muss die Stadt Gelsenkirchen vorgeben. Sie sollte sich dabei auf das Votum der wirklichen Experten für die öffentliche Nutzung des Gebäudes stützen: die Bürger der Stadt, für die das Gebäude seit Jahrzehnten ein Mittelpunkt ihres gesellschaftlichen Lebens war.
Das Bürgerforum erwartet, dass Rat und Verwaltung mit der interessierten Bürgerschaft in einen Dialog über die künftige öffentliche Nutzung des Hans-Sachs-Hauses eintritt. Das Bürgerforum HSH bietet den organisatorischen Rahmen dafür an und steht außerhalb von parteipolitischen Rücksichtnahmen und Abhängigkeiten.
Schon bei der Errichtung des Hans-Sachs-Hauses waren die Bürger in einem wichtigen Punkt einbezogen worden – durch den Namenswettbewerb, in dessen Ergebnis das Gebäude seinen heutigen, allseits akzeptierten Namen erhielt.
- Angemessene Einbindung des Bürgerforums Hans-Sachs-Haus in die Entscheidungsprozesse, die über die Ergebnisse des Architektenwettbewerbes entscheiden.
- Bei der baulichen Realisierung des neuen HSH ist ein Public-Private-Partnership-Modell auszuschließen.
- Zur künftigen Vermeidung eines vergleichbaren fehlerhaften Umgangs mit historischer Bausubstanz sollten neue Mechanismen der Bürgerbeteiligung in Fragen der Stadtgestaltung und des Denkmalschutzes eingeführt werden.
Begründung:
Bei aller Freude über die sich abzeichnende Lösung sollte nicht vergessen werden, dass die von offizieller Seite lange Zeit für „unmöglich“ gehaltene Perspektive eines Erhalts oder Teilerhalts – ähnlich wie im Falle des Schlosses Horst - erst durch den engagierten Einsatz zahlreicher Bürgerinnen und Bürger – Architekten wie Laien - möglich wurde.
Diese traditions- und qualitätssichernde Rolle der Öffentlichkeit kann und muss auch künftig genutzt werden. Sie darf insbesondere nicht dem Zufall überlassen bleiben und ist zu verstetigen. Das Bürgerforum schlägt vor, vergleichbar zum Beirat bei der Unteren Landschaftsbehörde einen Gestaltungs- und Denkmalausschuß einzurichten. So ein Beirat, in den engagierte und kompetente Bürger einbezogen werden, muss frühzeitig bei größeren Fragen der baulichen Gestaltung befragt und vom Rat der Stadt angehört werden. Ein solcher Beirat existiert in Gelsenkirchen im Gegensatz zu anderen Städten bislang nicht. Die Erfahrungen der letzten Jahre der vergangenen Jahre machen deutlich, dass seine Einrichtung überfällig ist.
Sprecher des „Bürgerforum HSH“:
Dr. Lutz Heidemann, Hartmut Hering, Kai Kühmichel, Karin Powileit
Gelsenkirchen, den 05.02.2007
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